
ALTERNATIVE BOTANIK Eröffnung am 03.10.2019 um 14 Uhr zu sehen bis zum 31.03.2020 (Während der Winterpause nur nach Vereinbarung)
Beim ersten Blick schon von Setsuko Fukushima scheinen die Arbeiten einem Naturkundemuseum zu entstammen. Sie stellen sich wie Präparate dar. Die Vitrinen und Boxen aus schlichtem Holz zeigen Parallelen in der Form zu den Arbeiten von Joseph Beuys, der ebenfalls viele Vitrinen, Bücherberge und feinlinige Zeichnungen schuf. Der inhaltliche Akzent allerdings völlig anders. Die Arbeiten von Setsuko Fukushima gehen inhaltlich in andere Richtung, in ihnen steht die Künstlerin in der Auseinandersetzung mit sich selbst, mit der Natur, der Botanik insbesondere. Sie bewahrt, sie verändert, gestaltet, stellt überraschende Zusammenhänge her, arbeitet in Papier, Keramik und Holz, allesamt natürliche Materialien, die zur Transfiguration der Natur dienen, zur Aneignung und zur Gegenüberstellung. Die Objekte erscheinen vertraut und zugleich fremd. Sie sind herausgelöst aus ihren natürlichen Zusammenhängen, in einer Art wissenschaftlicher Präzision isoliert, wer den sie durch Bildung von historischen, literarischen und bildnerischen Zusammenhängen zu Kunstobjekten, zu einem künstlerischen Einblick, Durchblick, Fenster in eine natürlich künstlerische Welt, das gewachsene und das künstlich geschaffene verschmelzen zu einer Einheit. So erhält der Betrachter überraschende Einsichten in scheinbar Bekanntes.
Ein Buch ist ein Buch, ist ein Buch. Oder nicht? Bei Setsuko Fukushima wird es zu einem Fenster, zu einem Objekt mit einem kleinen kreisrunden Einblick, das Fenster vor dem aufgeschlagenen Buch ist nur teiltransparent, das Buch öffnet seinen Inhalt für den Betrachter, aber nicht voll sichtbar, nicht voll zugänglich, immer in einem Spiel zwischen Transparenz und Verborgenblei ben und mit nur einem kleinen Ausschnitt, durch den man wirklich hineinblicken kann und durch den einem die Natur entgegen wächst. Diese Arbeit, die auf dem Titel dieses Kataloges zu sehen ist, steht für einen Wesenszug im Werk von Setsuko Fukushima, der gleichzeitig ein Wesenszug in der Weltsicht der Künstlerin und vielleicht sogar als Wesenszug in menschlicher Erkenntnis der Welt und Umwelt überhaupt sich abzeichnet: Der Schleier des Unwissens bleibt über jeder Erkenntnis, weil das Sein und das Nichts, die Fülle und die Leere zusammengehören. Die Arbeiten sind fein und filigran, sie stemmen sich nicht gegen das Nichts, sie haben nichts Brachiales, nichts Behauptendes, vielmehr gibt der Raum ihnen die Gestalt. Die Leere begegnet der Form, die Vitrine ist der Raum im Raum für die Form, Beherbergung für das Natürliche im Künstlichen und Künstlerischen.
Ralph Tepel
Künstlerische Leitung Schloss Mitsuko